
FC 08-Adventsgeschichten: Der bittere Abstieg
Der FC 08 startet seine Adventsgeschichten-Reihe – und beginnt mit einem der dunkelsten Kapitel der Clubhistorie: dem Absturz aus der Regionalliga Süd 1972. Ein Blick zurück auf verpasste Chancen, interne Turbulenzen und ein Spiel, das vielen Fans bis heute in Erinnerung geblieben ist.
Eine der größten Enttäuschungen der Clubhistorie war der Abstieg aus der Regionalliga Süd nach sechs Jahren Zugehörigkeit zur zweithöchsten Spielklasse in Deutschland. Das war in der Saison 1971/72. Die Probleme hatten sich eigentlich bereits in der Vorsaison 1970/71 angedeutet. Dort hatte es die Elf von Trainer Hans Wendlandt in der Rückrunde mit einer Negativserie von acht Spielen ohne Sieg erwischt. Am Ende reichte es noch zu Platz 12 und Wendlandt nahm seinen Hut. Mit ihm gingen regionalligaerprobte Akteure wie Jürgen Wohlgemuth ( VfL Osnabrück) Wilfried Schülke (1. FC Nürnberg), Klaus Ondera (Röchling Völklingen), Gerd Reich (VfB Lübeck) und Charly Adler (VfR Mannheim). Zudem musste finanziell der Gürtel enger geschnallt werden.
Man setzte auf junge hungrige Akteure und den neuen Trainer Karl-Heinz Schmal vom ESV Ingolstadt. Mit Peter Schmidt (FV Speyer) und Hans-Jürgen Frommann (Wormatia Worms) hatten lediglich zwei der insgesamt sieben Neuzugänge Regionalligaerfahrung. Der Rest waren mehrere talentierte Spieler, die aber noch an höhere Aufgaben herangeführt werden mussten. Vom FC Neustadt wechselte der 21-jährige Gerd Stiegler. Der ebenfalls 21-jährige Caspar Strittmatter hatte zuletzt beim SC Freiburg gespielt. Jeweils 20 Jahre alt waren Rainer Hollasch vom Verbandsligisten TSV Minden 05, Walter Gruler aus Rottweil, der ebenso wie Alfred Metzler aus Haslach im Kinzigtal bisher zum Kader der zweiten 08-Mannschaft gehört hatte.
Saison wird zum Himmelfahrtskommando
Doch es sollte von Beginn an ein Himmelfahrtskommando werden. Der Start ging mit einer 1:4-Heimniederlage gegen den Titelfavoriten 1860 München schief. Den ersten Sieg gab‘s erst am siebten Spieltag zuhause gegen die Stuttgarter Kickers. Doch es lief nicht rund. Zwischendurch setzte es eine 0:5-Heimklatsche gegen die Offenbacher Kickers. Am 13. Spieltag zierte man das Tabellenende. Der ehemalige Vorsitzende Ernst Baur machte öffentlich Front gegen seinen Nachfolger Paul Riegger, der das Vereinsschiff aber weiter lenkte. Nach der Winterpause stabilisierte sich das Team um den langjährigen Kapitän Robert Nies zumindest kurzzeitig.
Doch es kam immer wieder zu Reibereien mit dem zunehmend ungeliebten Schmal. Seine bei einem Mannschaftsessen im Villinger „Bären“ verschwundene Pelzkappe führte fast zum Eklat und der vorübergehenden Suspendierung von Routinier Kurt Kothmann. Der hatte Schmal wohl als „Kasper“ bezeichnet und stand im Verdacht, die Kopfbedeckung des Trainers versteckt zu haben. Auf dem Spielfeld wurde es etwas besser. Zum Auftakt im neuen Jahr gelang bei 1860 München durch ein 0:0 eine Überraschung. Es folgte ein 1:0-Heimsieg gegen die ebenfalls abstiegsbedrohte SpVgg Ludwigsburg, ein 1:1 beim alten Rivalen Freiburger FC und zuhause ebenfalls ein 1:1 gegen das Spitzenteam des Karlsruher SC. Die Konkurrenten im Keller punkteten aber ebenfalls fleißig, sodass die Nullachter nicht aus der Abstiegszone kamen.
Chaos rund um den Trainerposten der Nullachter
Als dann im März Coach Karl-Heinz Schmal gesundheitlich stark angeschlagen das Training leiten wollte, wurde er von den beiden Vorständen Paul Riegger und Emil Schmeckenbecher aber zurückgepfiffen und in den Krankenstand geschickt. Assistent Hans Morell übernahm die Trainingsleitung. Nach den Osterfeiertagen Anfang April wollte Schmal eigentlich von seinem Wohnort Worms zurück bei der Mannschaft sein. Er tauchte aber überhaupt nicht mehr in Villingen auf. Stattdessen saß jetzt der alte 08-Kämpe Hans Morell als verantwortlicher Mann auf der Trainerbank.
Als die Nullachter dann am drittletzten Spieltag vor eigenem Publikum vor 5000 Zuschauern 5:0 gegen Ingolstadt gewannen, sprangen sie auf einen Nichtabstiegsplatz. Doch vier Tage später unterlag man beim 1. FC Nürnberg an Christi Himmelfahrt mit 0:1. Jetzt gab es nur noch theoretische Chancen auf den Klassenerhalt und dazu musste am letzten Spieltag zuhause auf jeden Fall gegen den Tabellenzweiten Bayern Hof gewonnen werden. Immerhin 5000 Zuschauer hofften dann am Sonntag, 14. Mai 1972 auf das Wunder von Villingen. Es sollte nicht stattfinden. Die Begegnung wurde zu einem einzigen Trauerspiel. Zunächst verkauften sich die Nullachter gegen die keinesfalls voll zur Sache gehenden Gäste noch einigermaßen passabel.
Den 08-Fans standen die Tränen in den Augen
Doch als Gästetorjäger „Bubi“ Breuer in der 30. Minute das 0:1 erzielte, nahm nach der Pause das Debakel seinen Lauf. Die Nullachter wirkten plötzlich kraft- und mutlos, während Bayern Hof weiterhin im Schongang agierte und Breuer in der 49. Minute auf 0:2 erhöhte. Das sah bereits nach einer Vorentscheidung aus. Doch es kam noch schlimmer für die Gastgeber, bei denen einige Akteure bereits in Gedanken bei ihrem neuen Verein zu sein schienen. In der 70. Minute traf Zapf zum 0:3 und in der 85. Minute unterlief Dieter Steffen am herauseilenden Keeper Karl Armbrust vorbei ein Eigentor zum 0:4. Nur eine Minute später stellte Schuster mit dem 0:5 den Endstand her und besiegelte endgültig den Abstieg des FC 08 aus der Regionalliga Süd.
Nach einem der bittersten Spiele der Vereinsgeschichte standen einigen eingefleischten 08-Fans Tränen in den Augen. Die Enttäuschung über das Scheitern war riesengroß. Doch die Erinnerungen an sechs Jahre in der zweithöchsten Spielklasse Deutschlands sind noch heute bei vielen älteren Anhängern ganz lebendig.

Diese 08- Elf trat zum letzten Regionalligaspiel gegen Bayern Hof an. Von links: Nies, Armbrust, Bockisch, Hollasch, Stiegler, Steffen, Hauke, Gruler, Eisenhardt, Schmidt und Perusic. Auch Esel-Maskottchen Laila konnte nicht mehr helfen.

Beim Spiel in Kassel im März 1972 fachsimpelt Schmal (rechts) noch gutgelaunt mit dem ehemaligen 08-Coach Rudi Fassnacht und Spielerobmann Hans Mick, sowie dem ersten Vorsitzenden Paul Riegger (von links).

Die Kommandos von Trainer Karl-Heinz Schmal kamen zunehmend nicht mehr bei jedem 08-Akteur an. Seine berühmte Pelzkappe sollte noch zum Politikum werden.

Nachdem Chefcoach Schmal nicht mehr auftauchte, übernahm der bisherige Co-Trainer Hans Morell (Zweiter von links) die Trainingsleitung. Hier spricht er mit Keeper Karl Armbrust.
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