von Michael Eich

Es war wohl eines der größten Punktspiele für den FC 08 Villingen während der Regionalligazeit, wenn nicht sogar der Vereinsgeschichte, als Anfang Februar 1969 Bundesligaabsteiger Karlsruher SC in Villingen antreten musste.

Eine Zuschauerlawine überrollte den FC 08. An den Kassenhäuschen ging das Wechselgeld aus. Der Vorrat an verbilligten Eintrittskarten zu 1 Mark für Frauen war schnell erschöpft. Als Schiedsrichter Betz aus Regensburg anpfiff, standen noch Hunderte von Besuchern vor den Kassen am Eingang. Das Friedengrundstadion präsentierte sich dann mit 14.000 Zuschauern proppenvoll bis an den Rand – und jeder der dabei gewesen war, wird diese Partie, die an Dramatik fast nicht mehr zu überbieten war, wohl nie mehr vergessen.

In den ersten Minuten beherrschten die Nullachter mit drei Eckbällen und zwei Torchancen die Begegnung. Nach diesem furiosen Auftakt wurde der Titelkandidat aber von Minute zu Minute immer überlegener. Gekonnt ließen die Schützlinge von Trainer Baluses den Ball in den eigenen Reihen laufen und schlugen in der 17. Minute erstmals zu. Bei einem Blechinger-Freistoß stand KSC-Torjäger Müller genau richtig und köpfte zum etwas schmeichelhaften 0:1 ein. Doch bereits im Gegenzug zappelte ein Flachschuss aus 20 Metern von Perusic zum 1:1 im Netz.

Jetzt avancierte die Partie zu einem echten Schlagabtausch, wobei die Karlsruher zunächst das Glück auf ihrer Seite hatten. Denn in der 31. Minute bezwang erneut Müller 08-Keeper Armbrust mit dem 1:2. Und es kam noch schlimmer für die Nullachter. In der 43. Minute leistete sich Bockisch einen fatalen Fehlpass. Blechinger leitete blitzschnell zu Menkhaus weiter, der zum aus 08-Sicht ernüchternden 1:3 traf. Das sah schon fast wie die Vorentscheidung aus.  

Nach dem Seitenwechsel gingen die Gäste im Gefühl des sicheren Sieges etwas nachlässiger zur Sache. Das nutzte Kothmann in der 60. Minute eiskalt aus. Beim ersten Versuch traf er noch die Latte, beförderte dann aber im Nachschuss den Ball zum 3:2-Anschlusstreffer ins Netz.

Plötzlich kochte das Friedengrundstadion. Die einheimischen Fans peitschen ihre Mannschaft lautstark nach vorne. Das schien den Platzherren Flügel zu verleihen, während die Karlsruher auf dem tiefen Boden kräftemäßig immer mehr abbauten. Zwar musste Nies in der 67. Minute bei einem Zacher-Schuss auf der Linie retten und krachte ein Wild-Schuss in der 70. Minute gegen die Latte. Aber anschließend dominierten eindeutig die Nullachter.

Und was wohl keiner der Zuschauer mehr für möglich gehalten hatte, wurde noch wahr. Und wer hätte es anders sein können als 08-Torjäger Klier, der in der 83. Minute Maß nahm und Wendlandt den Ball zum 3:3 ins eigene Tor abfälschte. Jetzt kannte der Jubel im zum Bersten gefüllten Friedengrundstadion keine Grenzen mehr. Wieder einmal hatte der von Rudi Faßnacht trainierte FC 08 gegen einen Großen der Liga seine Anhänger restlos begeistert.

Die Aufstellungen damals:

FC 08 Villingen: Armbrust – Hägele, Wohlgemuth, Bockisch, Kunzendorf – Reinders (31. Winterhalder), Nies – Reich (60. Saborrosch), Klier, Perusic, Kothmann.

Karlsruher SC: Keßler – Ehmann, Kafka – Weidlandt, Marx, Slatina – Zacher, Blechinger, Müller, Wild Menkhaus.

Bildunterschriften: 

Bild oben: Hier kommt 08-Torjäger Gerd Klier (Mitte) noch nicht zum Zug. Später erzielt er den viel umjubelten 3:3-Ausgleich.

Bild unten: Ivan Perusic (Nr. 10) jubelt nach dem seinem 1:1-Ausgleich. Die KSC-Akteure zeigen sich etwas ratlos.

Bild ganz unten: Die Halbzeit-Verlosung macht den beteiligten Spaß:  OB Severin Kern hält „Glücksfeee“ Box-Europameister Horst Rascher die Augen zu, Stadionsprecher Werner Jörres nimmt die Lose in Empfang und 08-Boss Paul Riegger lacht Kern schallend zu.